Beiträge und Dokumente zur Geschichte der MThB ...
«Wir holen Sie am Bahnhof ab» und «Kennt keine Grenzen» – so und ähnlich lauteten die so genannten «Bylines» unter dem farbigen Logo auf ebenso bunten Fahrzeugen der Mittel-Thurgau-Bahn (MThB), die mit ihrem Design Anfang der 1990er Jahre für Aufsehen sorgte. Damals überfuhr die einst bescheidene MThB tatsächlich alle bisherigen Grenzen und wurde zu einem eigentlichen Innovationsmotor des Kantons.
War die MThB seit ihrer Eröffnung eine zwar geschätzte Bahn, bisweilen aber auch immer wieder ein Sorgenkind, was die Finanzen betraf, verliess sie am Ende des letzten Jahrhunderts ihre Stammlinie Konstanz-Weinfelden-Wil und wuchs buchstäblich über sich hinaus. Sie konnte sich im Auftrag und in harter Konkurrenz zu den «Grossen» ein gutes Jahrzehnt als Leistungserbringerin von überregionalem Nah- und Güterverkehr behaupten. Doch leider, wie es so oft geschieht, sind nicht immer die Vorreiter auch die Gewinner von «Revolutionen». Die MThB stiess auf grössere Schwierigkeiten als erwartet, und Fehler in der Geschäftsführung führten dazu, dass die Bahn in die Liquidation geschickt werden musste.
«Wir holen Sie am Bahnhof ab» – Die Marketingstrategen brachten auf diese Weise damals geschickt zum Ausdruck, was offensichtlich ist: Die Bahn verbindet Menschen. Und mehr als das: Gerade bei einer regional so verankerten Bahn mit ihrer wechselvollen Geschichte von der kleinen Nebenbahn mit besonderem Fuhrpark und immer wieder eigenen Lösungen bis zum modernen Unternehmen, das es seit der vergleichsweise spät erfolgten Elektrifikation geworden ist, zeigt sich, dass die MThB für viele, nicht zuletzt für die Mitarbeitenden und ihre Familien, mehr als nur ein Transportmittel war: Denn sie transportierte nicht nur Güter und Personen, sondern auch Geschichten, Erinnerungen und Emotionen. Zug um Zug entsteht Geschichte.
Mit der Liquidation der «Maria-Theresia-Bahn» ist im mittleren Thurgau ein Stück Identität verloren gegangen; im Zuge t(h)urbolenter Ereignisse ihrer letzten Jahre ist die MThB zur vom Volksmund spöttisch, bisweilen liebevoll so bezeichneten „mittellosen Thurgaubahn“ geworden.
Noch immer sind Emotionen und Meinungen über das Geschehene präsent und die Verbundenheit der Bevölkerung zu „ihrer“ Bahn gross. Ausdruck davon war die Teilnahme der Bevölkerung an den öffentlichen Anlässen zum 100-Jahr-Jubiläum der Strecke Kreuzlingen-Weinfelden-Wil im Winter 2011. Es zeigte sich: Die Bahn bewegt – noch heute, denn bald stand nicht mehr die Strecke an sich, sondern die einstige Betreiberin im Zentrum der Erinnerungen: die MThB, die ihrerseits seit 2002 Geschichte ist.
Die Strecke ist dem Thurgau erhalten geblieben. Anstelle der Mittel-Thurgau-Bahn holt nun die Thurbo die Passagiere in modernen Fahrzeugen, ebenfalls Produkte Thurgauer Innovationskraft, am Bahnhof ab. Zwar mittlerweile sichtbar «unter den Fittichen» der SBB, sind Zugkraft und Ideen der ehemaligen MThB in dieses heute ebenso dynamische wie innovative Verkehrsunternehmen eingeflossen.
Die historischen Fahrzeuge unseres Vereins tragen den Namen der „Mittel-Thurgau-Bahn“ bzw. deren Initialen auf der Dampflok M.Th.B weit über ihr einstiges Wirkungsgebiet hinaus – und damit ganz im Geist der ehemaligen «Thurgauer Staatsbahn». Unsere Fahrzeuge vermitteln heute besondere Erlebnisse, sind Kulturgüter und verbinden Menschen mit ihren Erinnerungen als lebende Denkmale.
Auf den folgenden Seiten finden Sie weitere Hintergrundinformationen über die einstige MThB.
Benutzen Sie auch den Link zum „fluegelrad-tg.ch“.
Der Autor: Michael Mente / 06.02.2013